Drei führende Impfexpertinnen und -experten erklären, warum Gavi wichtig ist

Seit dem Jahr 2000 ist die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren um beeindruckende 51 % gesunken. Zum großen Teil ist dies Impfstoffen zu verdanken. Es ist leicht, diesen Fortschritt für selbstverständlich zu halten. Ich erinnere mich jedoch daran, wie es früher war, als viele lebensrettende Impfstoffe nur für reiche Länder erschwinglich waren.

Als ich in den 1980er Jahren zu Beginn meiner Karriere in Kairo arbeitete, gab es in Ägypten so viele Fälle von neonatalem Tetanus, dass es unerträglich war. Ich sah, wie ein Säugling seine winzigen Händchen verkrampfte – ein eindeutiges Symptom dieser durch Impfung vermeidbaren Krankheit – und wusste, dass es keine Hoffnung für dieses Kind gab.

Im Jahr 2011 war ich in Nigeria tätig, wo Kinder mit Masern ins Krankenhaus eingeliefert wurden, weil es keinen Impfstoff gab. Dabei kostete eine Dosis weniger als 30 US-Cent! Viele dieser Kinder kehrten – wenn überhaupt – mit Hirnschäden nach Hause zurück.

Impfstoffe sind wie Schutzschilde, die Menschen während ihres Lebens tragen. Ohne solche Schutzschilde leiden Familien und Gemeinschaften unter den verheerenden emotionalen und finanziellen Folgen von Krankheiten. Am stärksten betroffen davon sind Menschen in einkommensschwachen Ländern.

Vor 24 Jahren hat die Weltgemeinschaft, einschließlich der Gates Foundation, etwas gegen diese eklatante Ungerechtigkeit unternommen und gemeinsam die Impfallianz Gavi gegründet. Seitdem haben Gavi und ihre Partner zur Impfung von über 1 Milliarde Kinder beigetragen. Nur wenige Organisationen auf dieser Welt haben ähnliche Erfolge erzielt. Die Arbeit von Gavi und anderen legte das Fundament zu der – berechtigten – Erwartung, dass Impfstoffe für alle Menschen da sind, und zwar unabhängig davon, wo sie leben. Ohne Gavi sähe die Welt heute ganz anders aus. Deshalb unterstützt unsere Stiftung den Gavi Matching Fund im nächsten Strategiezeitraum (2026–2030) weiterhin mit einer Zusage von bis zu 30 Millionen US-Dollar.

Deshalb sagt unsere Stiftung neue Mittel in Höhe von bis zu 30 Millionen US-Dollar für den Gavi Matching Fund zu. Außerdem schichten wir 21 Millionen US-Dollar aus der COVAX-Initiative um, die als Startbeitrag für die Strategie von Gavi für die nächsten fünf Jahre dienen. Unser vollständiger Beitrag zur Wiederauffüllung wird zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben. Im Rahmen unserer umfassenderen Unterstützung in Höhe von bis zu 245 Millionen US-Dollar für Initiativen zur Impfstoffherstellung in Afrika widmen wir für den African Vaccine Manufacturing Accelerator zusätzlich 10 Millionen US-Dollar aus COVAX um.

Vor Kurzem haben uns führende Impfexpertinnen und -experten aus drei Ländern geschildert, wie Gavi in Zusammenarbeit mit Regierungen und vielen Partnern dazu beigetragen hat, Kinder, Familien und Gemeinschaften zu erschwinglichen Preisen mit den am dringendsten benötigten Impfstoffen zu versorgen. Lesen Sie weiter, um mehr zu erfahren.

– Violaine Mitchell, Direktorin, Impfprogramm

„Wenn Familien ihre Kinder nicht durch Krankheiten verlieren, blühen Gemeinschaften und Volkswirtschaften auf.“

Dr. Awa Marie Coll Seck war zweimal Gesundheitsministerin des Senegal.

In meiner Kultur hieß es früher nicht selten: Erst wenn dein Kind fünf Jahre alt ist und die Masern überlebt hat, hast du wirklich ein Kind.

Allein die Vorstellung schmerzt. Doch früher haben wir so viele Kleinkinder durch Krankheiten verloren – das war schlichtweg eine Tatsache, die wir alle noch miterlebt haben. Tetanus, auch neonataler Tetanus, war so verbreitet, dass ich meine Doktorarbeit darüber geschrieben habe. Als ich in den 1990er Jahren die Abteilung für Infektionskrankheiten eines Universitätskrankenhauses leitete, waren die Stationen voller Kinder, die an Masern und Diphtherie litten.

Heute ist Tetanus im Senegal nahezu ausgerottet. Die Masernstationen wurden geschlossen, weil die Zahl der Fälle von 24.000 im Jahr 2000 bis auf wenige hundert oder sogar noch weniger zurückging. Auch die Zahl der Fälle von Tetanus und Diphtherie ist stark gesunken.

Zum großen Teil liegt das daran, dass der Senegal seine Kinder impfen konnte – mit Unterstützung von Gavi. Die Impfallianz drängt Ländern nicht ihre eigenen Ideen auf. Vielmehr entscheiden diese selbst, was sie brauchen, und Gavi unterstützt sie dabei mit Finanzierung und technischer Hilfe. Als ich von 2012 bis 2017 zum zweiten Mal Gesundheitsministerin war, half Gavi uns bei der Einführung der Pneumokokken- und Rotavirus-Impfstoffe. Die Einführung war so wichtig, dass unser Staatsoberhaupt und der CEO von Gavi dem Anlass beiwohnten. Im Gegenzug trug der Senegal selbst zu den weltweiten Bemühungen um die Ausrottung von Polio bei.

Gavi arbeitet ständig an neuen Innovationen und tut heute nicht mehr dasselbe wie noch vor zehn Jahren. Auch in den Ländern selbst vollzieht sich ein Wandel. Wenn Familien ihre Kinder nicht durch Krankheiten verlieren, blühen Gemeinschaften und Volkswirtschaften auf. Deshalb habe ich AFRIVAC ins Leben gerufen – eine Nichtregierungsorganisation, die den privaten Sektor in die Entwicklung innovativer Finanzierungsströme einbindet. Sie trägt dazu bei, den Senegal und andere Länder auf die Zeit vorzubereiten, in der sie die Unterstützung von Gavi nicht mehr benötigen.

Dank der Verfügbarkeit von Impfstoffen ist die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass die Kinder im Senegal aufwachsen, aufblühen und zur wirtschaftlichen Vitalität unseres Landes beitragen. Das heißt, wir alle werden von unserer demografischen Dividende profitieren. Und unsere Familien müssen nicht mehr bis zum fünften Geburtstag eines Kindes warten, um endlich feiern zu können.

„Wenn Gavi nicht über ausreichende Mittel verfügt, müssen die Verantwortlichen entscheiden, welche Impfstoffe Priorität erhalten.“

Theo Sowa ist eine führende Vertreterin der Zivilgesellschaft aus Ghana, die jetzt in ganz Afrika und weltweit tätig ist.

Vor mehr als zwanzig Jahren, als ich mich für die Rechte von Frauen und Kindern in Konfliktgebieten einsetzte, erlebte ich hautnah, wie viel Wert die Gemeinschaften auf Impfungen legten. Selbst während der schwersten bewaffneten Konflikte organisierte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen Kampfpausen, die auch als Friedenstage oder Friedenskorridore bekannt waren, damit Kinder geimpft werden konnten und Zugang zu anderweitiger medizinischer Versorgung hatten. Jeder wusste: Der Schutz der Kinder bedeutet den Schutz der Zukunft.

Das Gleiche erlebe ich heute bei meiner Arbeit mit Überlebenden von Gebärmutterhalskrebs. In ganz Afrika gibt es Tausende von Frauen, die unter dieser grausamen Krankheit gelitten und sie überlebt haben und ihre Gemeinschaften heute über HPV-Impfstoffe aufklären. Das ist ihre Art, die Zukunft zu schützen.

Der HPV-Impfstoff ist ein erstaunlicher Wirkstoff, denn er kann 90 % aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs verhindern. Bis Ende 2023 hat Gavi die Einführung dieses Impfstoffs in 38 Ländern weltweit unterstützt. Frustrierend ist jedoch, dass wir als Weltgemeinschaft den Impfstoff noch nicht vollständig eingesetzt haben. Jedes Jahr sterben etwa 350.000 Frauen an Gebärmutterhalskrebs, 90 % davon in Ländern mit geringem und mittlerem Einkommen. Wenngleich wir über das Wissen und die Mittel verfügen, um Gebärmutterhalskrebs zu eliminieren, bieten wir derzeit noch keinen Schutz für die Zukunft dieser Frauen.

Wenn wir über die Beschaffung finanzieller Mittel für Gavi sprechen, geht es in Wirklichkeit darum, wie viele Kinder, Familien und Gemeinschaften auf der Welt über den Schutz verfügen werden, den sie brauchen, um zu überleben und zu aufzublühen. Wenn Gavi nicht über ausreichende Mittel verfügt, müssen die Verantwortlichen entscheiden, welche Impfstoffe, welche Länder und somit welche Menschen Vorrang haben. In meinen Augen ist das einfach unfair, ungerecht und vollkommen inakzeptabel.

„Impfungen sind bekanntermaßen eine kostengünstige Maßnahme und eng mit der Armutsbekämpfung verbunden.“

Dr. Prima Yosephine ist eine Managerin des Essential Programme on Immunization mit Sitz in Indonesien.

Als ich noch ein Kind war, hatten die meisten Familien nur Zugang zu ein paar Routineimpfungen. Heute hat Indonesien 14 Impfstoffe in seinem routinemäßigen Impfprogramm, und wir sind äußerst dankbar für die Unterstützung, die wir im Laufe der Jahre von Gavi erhalten haben. Ohne diese Unterstützung könnten unsere Kinder nicht von diesem Schutz profitieren.

Indonesien erhielt anfangs die volle Unterstützung von Gavi, um bei der Beschaffung der benötigten Impfdosen und der Stärkung der Impf-Datenbanken des Landes zu helfen. Mit der Zeit konnten wir ohne die Unterstützung von Gavi auskommen, weil unser nationales Einkommen gestiegen ist. Zuletzt haben wir die Impfstoffe gegen Lungenentzündung, Rotavirus und HPV eingeführt und wissen, dass diese einen enormen Einfluss auf die Gesundheit unserer Bevölkerung haben werden.

Impfungen sind bekanntermaßen eine kostengünstige Maßnahme und eng mit der Armutsbekämpfung verbunden. Gesunde Kinder bleiben eher in der Schule und erwerben die nötigen Kompetenzen, um sich besser bezahlte Arbeitsplätze zu sichern. Dies wiederum trägt in der Zukunft zu mehr Wohlstand für alle bei.

Trotz erheblicher Fortschritte ist noch viel zu tun. In vielen Ländern ging die Durchimpfungsrate während der Pandemie zurück. Auch Indonesien steht noch immer vor der Herausforderung, eine hohe Durchimpfungsrate aufrechtzuerhalten, vor allem in entlegenen Gebieten. Die Fortsetzung der Unterstützung von Gavi für Länder mit mittlerem Einkommen ist von entscheidender Bedeutung dafür, dass die Impfprogramme von Indonesien robust und wirksam bleiben.