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Mark Suzman, CEO der Bill & Melinda Gates Foundation, und Talash Huijbers, die Gründerin und CEO von InsectiPro, besuchen im Jahr 2023 eine Insektenzuchtanlage in Limuru (Kenia).
Jahresbrief 2024 der Gates Foundation

Eine einmalige Gelegenheit für die Philanthropie

Mark Suzman, Chief Executive Officer
Mark Suzman, CEO der Bill & Melinda Gates Foundation, und Talash Huijbers, die Gründerin und CEO von InsectiPro, besuchen im Jahr 2023 eine Insektenzuchtanlage in Limuru (Kenia). ©Gates Archive/Brian Otieno
Große Herausforderungen & großes Potenzial


Große Herausforderungen & großes Potenzial

Anuja Bramhane, a postwoman, records the biometrics of a beneficiary at a camp set up by the India Post Payments Bank(IPPB) in Mumbai, Maharashtra.
Foto: ©Gates Archive/Mansi Midha

In den Jahren seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie mussten wir feststellen, wie die extreme Armut nach einem jahrzehntelangen Rückgang wieder zunahm. Tödliche Infektionskrankheiten flammten wieder auf, zu alten Kriegen kamen neue dazu.

Die damit verbundenen Ungerechtigkeiten sind schwer zu fassen. Eltern begraben ihre Kinder, weil diese Krankheiten erlagen, über die sich in wohlhabenden Ländern längst niemand mehr Sorgen machen muss. Frauen sterben bei der Geburt, obwohl man sie mit einfachen, kostengünstigen Maßnahmen hätte retten können – nur aufgrund ihrer Hautfarbe, ihres Einkommens oder ihres Geburtsorts. Hunderte Millionen Menschen leben mit weniger als 2,15 US-Dollar pro Tag – in derselben Welt, in der das Vermögen der Milliardäre in den ersten 24 Monaten der Pandemie stärker gewachsen ist als in den 23 Jahren zuvor.

Doch während die Bedürfnisse zunehmen, haben Länder mit niedrigen Einkommen immer weniger Ressourcen zur Verfügung, um diese zu decken. Nahezu die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Ländern, die mehr für die Bedienung von Krediten ausgeben als für ihre Gesundheitssysteme. Gleichzeitig ist die öffentliche Entwicklungshilfe, also Zuschüsse und günstige Finanzierungsmöglichkeiten zur Deckung grundlegender menschlicher Bedürfnisse in den ärmsten Ländern, stetig gesunken. Denn die wohlhabenden Länder verwenden ihre Ausgaben zunehmend für andere Prioritäten im In- oder Ausland.

Die gute Nachricht ist, dass es sowohl bestehende als auch neue Lösungen gibt, die trotz dieser Herausforderungen Leben verbessern und retten können: Innovative digitale Tools, die Frauen den Zugang zu wirtschaftlichen Möglichkeiten ermöglichen. Neue Mikrobiom-basierte Therapien, die dabei helfen können, Mangelernährung zu bekämpfen. Innovationen in der Landwirtschaft, die den Ernteertrag von Bauerinnen und Bauern sogar unter extremen Wetterverhältnissen steigern können.

Diese Lösungen benötigen jedoch Unterstützung, damit ihr Potenzial nicht vergeudet wird. Je früher diese Unterstützung kommt, desto mehr Menschen können wir jetzt helfen – und desto besser wird es der nächsten Generation gehen.

Die zentrale und grundlegende Rolle kommt dabei Regierungen zu, die dafür sorgen müssen, dass die Lösungen dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Regierungen sehen sich jedoch mit konkurrierenden Prioritäten und haushälterischen Einschränkungen konfrontiert. Allzu oft geht die finanzielle Unterstützung für neu entstehende Krisen auf Kosten des Budgets für Gesundheit und andere Initiativen im Entwicklungsbereich.

Regierungen müssen mehr tun. Das gilt aber auch für multilaterale Organisationen und private Unternehmen, die für die Förderung von Innovation und Fortschritt eine Schlüsselrolle spielen. Zudem hat ein weiterer Sektor immenses Potential, die Welt zu einem gerechteren und gesünderen Ort zu machen. Dies bringt mich wieder zurück zu Chuck Feeney.

Tausende Menschen führen heute ein erfülltes Leben, weil er Engpässe erkannte und dabei half, sie zu beheben. Genau das können philanthropische Initiativen leisten – in großem Umfang. Philanthropinnen und Philanthropen erschließen überall auf der Welt neue Mittel und Wege, um mit ihren Ressourcen Ungleichheiten abzubauen. Ich hoffe, dass sie ihre Aktivitäten weiter ausbauen werden und darauf, dass sich künftig noch mehr Menschen engagieren werden.

Von der Idee zur Wirkung


Von der Idee zur Wirkung

A mother waits for her children to receive the oral polio vaccine (nOPV2) at the Horseed internally displaced person (IDP) camp during a door-to-door polio immunization in the Kahda district, in Mogadishu, Somalia.
Foto: ©Gates Archive/Ismail Taxta

Die Welt ist voll von innovativen Köpfen, die sich großen Herausforderungen widmen. Doch wie entwickelt sich eine Idee zu einer konkreten Lösung, die bei den Menschen ankommt? Dies geschieht nicht oft genug – und wenn doch, spielen philanthropische Organisationen häufig eine größere Rolle, als den meisten bewusst ist.

Ein Beispiel: Polio-Wildviren lähmten früher jede Woche 7.000 Kinder. Im Jahr 2023 waren es nur noch 12 – über das ganze Jahr. Diesen Fortschritt haben brillante Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit ihren Erkenntnissen ermöglicht – gemeinsam mit dem heldenhaften medizinischen Personal, das diese Lösungen Kindern selbst in den abgelegensten Gegenden der Welt zugänglich machte. Und ein Großteil davon wurde von philanthropischen Initiativen ermöglicht: von Rotary International, unserer Stiftung, und anderen Organisationen, die für eine Zukunft kämpfen, in der Kinderlähmung der Vergangenheit angehört.

Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie Regierungen und Nichtregierungsorganisationen in den vergangenen Jahrzehnten außergewöhnliche Fortschritte im Kampf gegen Infektionskrankheiten erzielt haben. Die Impfallianz GAVI hat die Impfung von mehr als 1 Milliarde Kinder ermöglicht. Der Globale Fonds hat 59 Millionen Menschen vor HIV, Tuberkulose und Malaria gerettet. Darüber hinaus sind das Carter Center und seine Partner kurz davor, die Guinea-Wurmkrankheit, eine schwere parasitäre Infektion, als zweite menschliche Krankheit der Geschichte auszurotten.

Diese Errungenschaften haben einiges gemeinsam. Sie sind das Produkt der harten Arbeit tausender Menschen. Und sie wurden alle durch philanthropisches Zutun ermöglicht. Gemeint sind damit einerseits die Gelder selbst. Genauso wichtig ist aber auch, wie Philanthropinnen und Philanthropen diese einsetzen und mit wem sie zusammenarbeiten.

Für unsere Stiftung bedeutet das, dass wir nach Marktdefiziten Ausschau halten, also nach Bereichen, in denen für den öffentlichen und privaten Sektor nicht genügend Anreize für Handeln bestehen. Dort bringen wir uns ein, weil Fortschritte sonst unwahrscheinlich wären. Philanthropischer Einsatz bedeutet darüber hinaus, andere zum Handeln zu motivieren, um gemeinsam lebensrettende Innovationen voranzubringen und sie zügig zu verteilen, damit sie ihre Wirkung entfalten können.

Genau das ist so spannend an der Philanthropie: Sie ist flexibel genug, um sich schnell anzupassen und Risiken einzugehen, die andere Akteure nicht eingehen können. Genau dies kann den Fortschritt beschleunigen.

Wir bringen viele Dinge voran, aber wir sind keine Einzelkämpfer. Wir arbeiten eng mit Ländern und Gemeinschaften zusammen, um die von ihnen gesetzten Ziele zu erreichen – und nicht umgekehrt. Denn philanthropische Organisationen können zwar Risiken eingehen und Defizite ausgleichen, die sonst übersehen oder nicht ausreichend finanziert würden. Doch sie können nur dann etwas bewirken, wenn sie mit Regierungen, dem Privatsektor und lokalen Expertinnen und Experten partnerschaftlich zusammenarbeiten.

New client, Afolabi Tawakalitu, accesses mDoc’s website after signing up for services at the Balogun Market in Lagos, Nigeria, on September 14, 2023.
Foto: ©Gates Archive/Nyancho NwaNri
Fokus auf Gerechtigkeit: Die besondere Rolle der Philanthropie


Fokus auf Gerechtigkeit: Die besondere Rolle der Philanthropie

Mukani Moyo, a post-doctoral scientist in food chemistry at the International Potato Center, extracts Vitamin C from an orange-fleshed sweet potato sample at the International Livestock Research Institute in Nairobi, Kenya.
Foto: ©Gates Archive/Brian Otieno

Ich werde überall gefragt, was die Gates Foundation in Bezug auf zwei wichtige Themen unternimmt: den Klimawandel und die künstliche Intelligenz. Die Herangehensweise unserer Stiftung an diese Themen verdeutlicht gleichzeitig unser Verständnis der Rolle von Philanthropie und von unserer Rolle im Speziellen.

Beginnen wir mit dem Klimawandel. Der Großteil der weltweiten Klimaausgaben fließt in Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels, also der Reduzierung von CO2-Emissionen. Für die Zukunft unseres Planeten ist dies entscheidend. Doch wie steht es um die Auswirkungen, die Gemeinschaften bereits jetzt betreffen?

Tatsache ist, dass die Menschen, die am wenigsten zu dieser Krise beigetragen haben – etwa Kleinbauerinnen und -bauern in Subsahara-Afrika – bereits jetzt unter ihren schweren Folgen leiden. Dennoch fließt nur etwa ein Zehntel der weltweiten Klimagelder in Anpassungsmaßnahmen. Und ein noch geringerer Anteil fließt in Maßnahmen, die den Ärmsten zugutekämen.

In Zusammenarbeit mit Regierungen und internationalen Initiativen wie CGIAR, der weltweit größten Organisation für Agrarforschung, finanziert die Gates Foundation die Forschung, Entwicklung und Bereitstellung von Lösungen, die Kleinbauerinnen und -bauern mehr Möglichkeiten an die Hand geben. Innovationen wie widerstandsfähigere Hühnerrassen oder dürretolerante Maniok-Sorten können private Unternehmen oft nicht auf rentable Weise produzieren. Sie haben jedoch das Potenzial, Millionen von Familien ein besseres Einkommen zu verschaffen. Dies ist genau die Art von Marktversagen, die wir beheben wollen.

Dann ist da noch der Bereich der künstlichen Intelligenz (KI). Wenn eine neue Technologie entsteht, ist es sehr wahrscheinlich, dass wohlhabendere Länder sich diese zunutze machen, während einkommensschwächere Staaten das Nachsehen haben. Auch bei der KI verhält es sich nicht anders: Ärmere Gemeinschaften werden nur dann von ihr profitieren, wenn die KI entsprechend konzipiert wird.

Vor kurzem haben wir eine wissenschaftliche Ausschreibung gestartet, um die Nutzung künstlicher Intelligenz für die Schaffung von mehr Gerechtigkeit in der globalen Gesundheit und Entwicklung zu erforschen. Nahezu 80 % aller eingegangenen Vorschläge sowie alle von uns ausgewählten Projekte kamen von Forscherinnen und Forschern aus Ländern niedrigen und mittleren Einkommens.

Geplant sind beispielsweise der Einsatz großer Sprachmodelle (Large Language Models) zur verbesserten Erfassung von Gesundheitsdaten junger Frauen in Pakistan, vorurteilsfreie HIV-Beratungen in Südafrika, personalisierter Video-Unterricht in MINT-Fächern für nigerianische Schulkinder, Informationen zu Malariarisiken im tansanischen Radio in mehreren Lokalsprachen – und noch vieles mehr.

All dies wäre vielleicht auch ohne unser Zutun passiert. Doch philanthropische Unterstützung erhöht die Wahrscheinlichkeit erheblich, dass die Lösungen bei denen ankommen, die sie brauchen, und zwar zeitnah.

Das Unmögliche auf vielerlei Weise möglich machen


Das Unmögliche auf vielerlei Weise möglich machen

Sarah Masenga, Kommunikationsbeauftragte der Foundation for Civil Society, pflanzt im Rahmen einer Strandreinigungsaktion am Giving Tuesday einen Baum in Dar es Salaam (Tansania).
Sarah Masenga, Kommunikationsbeauftragte der Foundation for Civil Society, pflanzt im Rahmen einer Strandreinigungsaktion am Giving Tuesday einen Baum in Dar es Salaam (Tansania). Foto: Foundation for Civil Society

Wir sind stolz auf die Rolle, die unsere Stiftung bei der Lösung dringender Probleme spielt. Doch sind wir bei weitem nicht die einzigen, die sich auf diese Weise stark machen. Zahlreiche philanthropische Initiativen bereichern die Welt mit neuen Ansätzen und einzigartigem Fachwissen in vielen Themenbereichen.

Heute sieht die philanthropische Landschaft völlig anders aus als noch zu Beginn meines Engagements vor 15 Jahren, und das ist auch gut so. Philanthropinnen und Philanthropen bringen überall auf der Welt ambitionierte Ideen und gelebte Erfahrung in die Lösung komplexer Herausforderungen ein. Das African Philanthropy Forum unterstützt Geberinnen und Geber dabei, zusammen die inklusive, nachhaltige Entwicklung auf dem Kontinent voranzutreiben. Besonders spannend finde ich auch, wie Stiftungen in Indien, China und Singapur lokale und globale Probleme anpacken. Der nächsten Generation von Philanthropinnen und Philanthropen mangelt es keineswegs an neuen Ideen dafür, wie Gelder künftig noch wirkungsvoller eingesetzt werden können.

Natürlich können nicht nur die Reichsten unter uns etwas bewirken. Auch viele kleine Spenden können in der Summe eine enorme Wirkung erzielen. Fast die Hälfte aller Länder weltweit nimmt mittlerweile am GivingTuesday teil, einer Bewegung, die seit ihrer Gründung im Jahr 2012 Spenden in Höhe von mehr als 13 Milliarden US-Dollar ermöglicht hat.

Nicht vergessen dürfen wir auch auf die Millionen Menschen weltweit, die den Familien in ihren Heimatländern jeden Monat einen Teil ihres Gehaltes schicken. Diese Beiträge, auch als Remissen bezeichnet, beliefen sich im Jahr 2020 auf 590 Milliarden US-Dollar. Das ist mehr als alle anderen Formen internationaler Hilfen zusammengenommen.

Man könnte meinen, dass Remissen zurückgehen, wenn Menschen finanzielle Schwierigkeiten erleben. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Die Menschen geben weniger aus, um mehr Geld nach Hause schicken zu können. Während der COVID-19-Pandemie stiegen die Rücküberweisungen an – um 19 %.

Unsere Welt ist voll von großzügigen Menschen. Außerdem gibt immer mehr Ressourcen, um Philanthropinnen und Philanthropen dabei zu helfen, ihre Großzügigkeit in die Tat umzusetzen, von Spendervereinigungen – auch bekannt als Förderfonds – bis hin zu neuen Modellen für große Spenden.

Engagement in den Bereichen mit dem größten Bedarf

Egal, ob man 10 oder 10 Millionen US-Dollar zur Verfügung hat: Wenn man etwas spendet, möchte man die Gewissheit haben, dass dieser Beitrag etwas bewirkt. Es kann eine schwierige Entscheidung sein, aus einer großen Bandbreite an wohltätigen Zwecken auswählen zu müssen. Zum Glück müssen angehende Philanthropinnen und Philanthropen diese Entscheidung dank jahrzehntelanger Innovation und Zusammenarbeit nicht alleine treffen.

Wie können Geberinnen und Geber ihre Gelder in die Bereiche mit dem größten Bedarf lenken und darauf vertrauen, dass sie wirksam eingesetzt werden?

Treyvon Moliere (L) arbeitet während seines Praktikums mit einem Mentor zusammen. Das Praktikum wurde von YouthForce NOLA in New Orleans (Louisiana) vermittelt.
Treyvon Moliere (L) arbeitet während seines Praktikums mit einem Mentor zusammen. Das Praktikum wurde von YouthForce NOLA in New Orleans (Louisiana) vermittelt. ©Gates Archive/Christiana Botic

In den USA kommt Bürgerstiftungen diesbezüglich eine besondere Aufgabe zu. Sie sind lokal stark verankert und können Geberinnen und Gebern dabei helfen, die Bereiche zu finden, in denen ihre Beiträge die größte Wirkung entfalten.

Für groß angelegte, internationale Beiträge sind Spendervereinigungen eine wertvolle Ressource. Sie bringen Geberinnen und Geber zusammen und nutzen ihr umfassendes Fachwissen, um die Mittel zielgerichtet an lokale Organisationen zu leiten.

Spendervereinigungen und ihr gemeinsames Engagement für Gerechtigkeit

Frauen berichten über ihre Erfahrungen mit Gender-Schulungen in Bihar (Indien).
Frauen berichten über ihre Erfahrungen mit Gender-Schulungen in Bihar (Indien). ©Gates Archive/Mansi Midha

Siebzig Prozent der Vereinigungen geben an, den Fokus konkret auf die Gleichstellung der Geschlechter sowie racial equity zu legen.

Einige fokussieren sich auf spezielle Bereiche. Der END Fund etwa setzt sich für die Ausrottung vernachlässigter Tropenkrankheiten ein, der Co-Impact Gender Fund für Maßnahmen, die Frauen in Führungspositionen unterstützen. Andere unterstützen spezifische Gemeinschaften, wie Anamaya, welche sich für die Gesundheit und Ernährung von Stammesgemeinschaften in Indien einsetzt, oder Blue Meridian Partners, die mit ihrer Arbeit in den USA die Schaffung von Perspektiven für Menschen in Armut entwickeln. Die Vereinigung hat seit ihrer Gründung bereits 4,5 Milliarden US-Dollar sammeln können.

Sind kleine Organisationen bereit für die Annahme von Großspenden?

Habitat for Humanity of Greater Los Angeles erhielt von der Philanthropin MacKenzie Scott eine Spende von 20 Millionen US-Dollar.
Habitat for Humanity of Greater Los Angeles erhielt von der Philanthropin MacKenzie Scott eine Spende von 20 Millionen US-Dollar. Foto: MediaNews Group/Long Beach Press-Telegram via Getty Images

Im Jahr 2020 begann MacKenzie Scott damit, umfangreiche und nicht zweckgebundene Zuwendungen an gemeinnützigen Organisationen und Bildungseinrichtungen zu machen. Da viele davon sehr klein sind, kam wiederholt die Frage auf, ob die Organisationen solch hohe Zuschüsse überhaupt bewältigen können.

Eine Studie des Center for Effective Philanthropy zeigte, dass die Leitungen der von Scott unterstützten Organisationen kaum negative Auswirkungen feststellten und langfristige Pläne ausarbeiteten, um Vorkehrungen für die Zeit zu treffen, in denen die Gelder verbraucht sind. Heute werden mit diesen Zuschüssen nahezu 2.000 Einrichtungen weltweit unterstützt.

Es gibt viele Menschen, die sich sehr gerne wohltätig engagieren möchten, dies aufgrund finanzieller Einschränkungen aber nicht tun können. Doch für diejenigen, die über die Mittel verfügen, hat es enorme Vorteile, mit ihrem Engagement jetzt zu beginnen.

Zum einen können Sie die durch ihre Beiträge ermöglichten Fortschritte tatsächlich selbst sehen. Ebenso haben Sie Zeit, vertrauensvolle Beziehungen zu den beteiligten Menschen aufzubauen. Starke Partnerschaften sind an sich bereichernd, doch sie erzielen auch größere Wirkung. Je früher Sie damit beginnen, desto größer ist der Impuls, den Sie geben können. Gerade in Bereichen, in denen sich der Fortschritt nicht in Monaten oder Jahren, sondern Jahrzehnten misst, ist dies von entscheidender Bedeutung.

Die gemeinnützige Organisation „Tuesdays for Trash“ veranstaltet am Giving Tuesday 2022 eine Müllsammelaktion.
Die gemeinnützige Organisation „Tuesdays for Trash“ veranstaltet am Giving Tuesday 2022 eine Müllsammelaktion. Foto: Tuesdays for Trash
Was Milliarden von Dollar bewirken können


Was Milliarden von Dollar bewirken können

Research scientist, Ochieng Ouko from the Kenya Agricultural and Livestock Research Organization (KALRO) holds baby chicks at the poultry research unit in Naivasha, Kenya.
Foto: ©Gates Archive/Brian Otieno

Das Engagement von Chuck Feeney war in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Ganz besonders fiel mir auf, dass er sich stets am meisten um die Menschen kümmerte, die die wenigsten Möglichkeiten hatten.

Die meisten wohlhabenden Geberinnen und Geber haben den Wunsch, soziale Veränderungen zu bewirken. In der Praxis geht jedoch ein größerer Anteil ihrer Spenden an Elite-Universitäten und kulturelle Einrichtungen. Feeney brachte beides unter einen Hut. Er förderte seine Alma Mater mit fast einer Milliarde US-Dollar, spendete aber auch Milliarden für Maßnahmen zur Erfüllung grundlegender menschlicher Bedürfnisse.

Stellen Sie sich vor, welche Möglichkeiten sich auftun würden, wenn mehr Geberinnen und Geber seinem Beispiel folgen. Wenn sie neben 100 Millionen US-Dollar an eine Elite-Universität auch 100 Millionen dafür spenden, dass alle College-Studierenden in den USA für immer kostenlos auf Online-Lehrbücher zugreifen können? Wenn ein Geber 20 Millionen US-Dollar an ein Institut zur Krebsforschung spenden würde und 20 Millionen für die Forschung an Malaria, einer Krankheit, an der immer noch jede Minute ein Kind stirbt? Oder 5 Millionen an die Privatschule des eigenen Kindes und 5 Millionen für die Förderung qualitativ hochwertigen Unterrichts in Subsahara-Afrika?

Ich weiß, dass nur wenige Menschen willens oder in der Lage sind, ihr gesamtes Vermögen zu verschenken. Doch zwischen der Großzügigkeit von Chuck Feeney und der aktuellen Spendenbereitschaft der Superreichen gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten für philanthropisches Engagement.

Das Nettovermögen der 2.640 Milliardärinnen und Milliardäre weltweit beträgt mindestens 12,2 Billionen US-Dollar. Mit 1 Milliarde US-Dollar könnten Philanthropinnen und Philanthropen eine Reihe von wirkungsvollen, kostengünstigen Instrumenten finanzieren, die bis 2030 zusätzlichen zwei Millionen Müttern und Babys das Leben retten könnten. Mit 4 Milliarden US-Dollar könnten sie einer halben Milliarde Kleinbauerinnen und -bauern dabei helfen, ihre landwirtschaftliche Produktion klimaresistenter zu machen und die Treibhausgasemissionen des Agrarsektors bis 2030 um 1 Gigatonne pro Jahr zu reduzieren. Mit etwas mehr als 7 Milliarden US-Dollar könnten sie 300 Millionen Menschen mit Impfstoffen versorgen und damit mindestens 7 Millionen Todesfälle verhindern.

Würden alle Milliardärinnen und Milliardäre weltweit jeweils 0,5 % ihres Vermögens spenden, hätten wir 61 Milliarden US-Dollar zur Verfügung. Das wäre mehr als genug, um alle oben genannten Initiativen zu finanzieren und anschließend immer noch 49 Milliarden US-Dollar übrigzuhaben.

Mit diesen Geldern könnten so viele Möglichkeiten für so viele Menschen geschaffen werden – wenn sie tatsächlich gespendet und wirksam eingesetzt werden. In den USA, Kanada und Australien sind wohltätige Stiftungen gesetzlich verpflichtet, jährlich mindestens 5 % ihres Vermögens auszuschütten. Ich persönlich wäre für einen noch höheren Anteil, da diese Gelder auch steuerlich begünstigt werden. Doch es ist immer noch besser als die aktuellen Vorgaben in den meisten europäischen Ländern, wo Stiftungen oft an keinerlei Auszahlungsregelungen gebunden sind.

Midwife Eva Nangalo gives a swaddle demonstration to first time mother Shakira Nankya, 23, at the Nakaseke General Hospital in Nakaseke District, Uganda.
Foto: ©Gates Archive/Zahara Abdul

Heutzutage mangelt es weltweit weder an komplexen Problemen noch an innovativen Köpfen, die sich für deren Lösung einsetzen. Viele von ihnen stehen kurz vor dem nächsten Durchbruch, der Millionen Menschenleben retten und verbessern könnte. Manche Entdeckungen kommen den Menschen, die sie brauchen, schon jetzt zugute. Andere brauchen noch etwas Zeit, haben aber das Potenzial, Großes zu bewirken. Ohne großzügige Investitionen und hartnäckige Unterstützung bleiben geniale Ideen aber immer nur eines: Ideen.

Wenn sich mehr Menschen engagieren und ihre Ressourcen auf die Bereiche konzentrieren, in denen der größte Bedarf besteht, können diese Ideen Wirkung entfalten. Mehr Kleinbauerinnen und -bauern könnten ihre Familien unabhängig von den Wetterverhältnissen ernähren, weniger Kinder würden an vermeidbaren Krankheiten leiden und für mehr Mütter würde die Geburt ein Grund zur Freude und nicht zur Angst sein.

Zusammen können wir das volle Potenzial der Philanthropie ausschöpfen – genau zu der Zeit, in der die Weltgemeinschaft dieses am meisten braucht.

Mark Suzman
Chief Executive Officer
Bill & Melinda Gates Foundation

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